Besenderte Weissstörche folgen WanderheuschreckenSeit langem ist es bekannt, dass Wanderheuschrecken eine wichtige Nahrungsquelle für Weissstörche in den afrikanischen Durchzugs- und Überwinterungsgebieten sein können. Dort, wo Heuschrecken in manchen Jahren in riesigen Schwärmen auftreten, folgen die Störche ihnen über lange Zeit und ernähren sich wochenlang nur von den gefrässigen Insekten. Mit der Einführung erfolgreicher Heuschreckenbekämpfungen, vor allem auch durch den Einsatz hochgiftiger Chemikalien, sind solche Ereignisse seltener geworden. Alles weist jedoch derzeit darauf hin, dass mehrere unserer besenderten schweizerischen Weissstörche auf der Spur von Wanderheuschrecken in Westafrika unterwegs sind. Unsere Senderstörche Basilisk, Werner, Jeannot und Daniel sind während der vergangenen Tage, etwa seit 21. September, aus Marokko zügig nach Süden gezogen. Sie haben jedoch nicht das bekannte Überwinterungsgebiet im Niger-Binnendelte in Mali aufgesucht, sondern sind aus Nordmali wieder in leicht südwestlicher Richtung in den Süden Mauretaniens gezogen. Auffällig war, dass Basilisk, Werner und Jeannot zwar eine sehr ähnliche Route geflogen sind, dass sie aber offenbar nicht in einem grossen Trupp gemeinsam, sondern in mehreren Trupps diese Strecke zurückgelegt haben. Es muss also dort in Mali etwas geben, was die Vögel wie magisch anzieht. Auch Eugen und Lise, die bereits seit längerer Zeit keine Lebenszeichen mehr von sich geben, wurden zuletzt im Süden Mauretaniens festgestellt. Ein Blick in die Karte der Wanderheuschrecken-Situation, die vom Wanderheuschrecken-Informationsdienst der FAO herausgegeben wird, macht den Grund für diese zielgerichtete Zugbewegung nach Südmauretanien deutlich. Im gesamten Süden des Landes ist derzeit mit dem Auftreten von Wanderheuschrecken zu rechnen. Aufgrund ergiebiger Regenfälle in diesem ansonsten sehr trockenen Gebiet können sich die Insekten derzeit massenhaft vermehren und bilden somit eine exzellente Nahrungsgrundlage für die ziehenden Störche. Südmauretanien ist derzeit die einzige Region im Überwinterungsgebiet der westziehenden Störche, wo Wanderheuschrecken vorkommen. Mit einer Zunahme der Heuschrecken ist bis Mitte Oktober zu rechnen, so dass unsere Störche zumindest dort nicht an Nahrungsmangel werden leiden müssen.Vermutlich halten sich derzeit, zusammen mit unseren Senderstörchen, hunderte oder gar tausende von Weissstörchen im Süden Mauretaniens auf. Wanderheuschrecken sind eine gefährliche Plage für die Menschen, die in den Sahelregionen Ackerbau betreiben, da sie in grossen Schwärmen ganze Landstriche kahlfressen können. Für die ziehenden Weissstörche dagegen sind die Insekten ein Segen. Nun hoffen wir, dass unsere Störche nicht durch eventuelle Bekämpfungsmassnahmen gefährdet werden. Dr.
Holger Schulz |
Grüne Flächen: Gebiete, in denen Wanderheuschrecken aufgrund günstiger
Wetterbedingungen vorkommen und weiter zu erwarten sind
(Vorhersage bis Mitte Oktober). Das grosse grüne Gebiet in
Südmauretanien ist die Region, in der sich mehrere unserer
Senderstörche aufhalten. Quelle: FAO Desert Locust Information Service
Blaue Punkte: Nachweise ausgewachsener brutreifer Wanderheuschrecken.
Grüne Punke: Nachweise junger Wanderheuschrecken. Das Gebiet in
Südmauretanien mit vielen Nachweisen ausgewachsener Wanderheuschrecken
ist die Region, in der sich mehrere unserer Senderstörche aufhalten.
Quelle: FAO Desert Locust Information Service.